Unser Leitbild

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Leitbild der ERS

Unser Namensgeber Ernst Reuter war Politiker und Lehrer. Er stand in schwierigen Zeiten für Offenheit und Verständigung, für Gemeinwohl, Demokratie und Toleranz, für Selbstbestimmung, Bildung und Gemeinschaft ein. Diesen Gedanken und Werten fühlen wir uns als Ernst-Reuter-Schule verpflichtet. 

Es gab wohl nichts, was Ernst Reuter wichtiger gewesen wäre als das bedingungslose Einstehen für Freiheit und Demokratie. Für diese Überzeugung verfasste er Antikriegsschriften und brach mit dem Kommunismus. Für diese Überzeugung kam er 1933 ins Konzentrationslager und musste später ins Exil in die Türkei fliehen. Für diese Überzeugung richtete er als Oberbürgermeister Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg auch klare Worte an die Siegermächte. Wenn es um Freiheit und Demokratie ging, war Ernst Reuter bereit, sich mit allen anzulegen. Er ist uns ein Vorbild.

Im Todesjahr Ernst Reuters, 1953, wurde die Ernst Reuter Schule nach ihm benannt. Als Leitbild wurde damals ein Zitat von Rainer Maria Rilke aus dem Text Samskola (1905) ausgewählt, das auch mehr als 70 Jahre später noch gilt: „Es ist eine Schule, die sich nicht für fertig hält, sondern für etwas Werdendes, daran die Kinder selber, umformend und bestimmend, arbeiten sollen. Die Kinder, in enger und freundlicher Beziehung mit aufmerksamen, lernenden, vorsichtigen Erwachsenen, Menschen, Lehrern, wenn man will.“ In diesen Zeilen drückt sich eine Forderung an Schule aus, die wir gleichsam um- und übersetzen wollen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Wir lesen darin die Aufforderung zur partizipativen Schulgemeinschaft, zur engagierten, offenen und achtsamen Arbeit mit jungen Menschen und zur steten Bereitschaft zur Weiterentwicklung. Diese Haltung zur Schule wollen wir bewahren.  

Dies geschieht insbesondere auf dem Feld des fachlichen Kompetenzerwerbs, der Entwicklung der Persönlichkeit und der Gestaltung des schulischen Zusammenlebens. Für uns ist Bildung nicht Ansammeln gesicherter und abgeschlossener Kenntnisse, sondern ein lebendiger, offener Prozess. Unser Ziel ist zum einen ein Unterricht, der auf der theoretischen Ordnung der Wissenschaften beruht. Zum anderen möchten wir projektartiges Lernen in praktischen Kontexten fördern und für die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler nutzen. Die Inhalte und Methoden unserer Arbeit mit den Jugendlichen zielen auf eine wachsende Entfaltung ihrer Kräfte, die mehr und mehr das Verstehen von Zusammenhängen und ein selbstständiges Weiterlernen, Fragen und Forschen ermöglichen. Wir wollen durch unser Bildungsangebot Jugendliche darauf vorbereiten, gemäß ihren Fähigkeiten und Talenten Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen zu können. 

Darüber hinaus begreifen wir es als unsere Aufgabe, unsere Schülerinnen und Schüler darin zu unterstützen, zu gefestigten und gesunden Menschen heranzureifen, die sich ihres eigenen Wertes bewusst sind und Ideologien aller Art widerstehen können. Wir sind der Überzeugung, dass ein Aufwachsen in verantwortungsvoller Partnerschaftlichkeit jene Haltungen und Werte fördert, die in der Demokratie unverzichtbar sind. Deswegen versuchen wir auf verschiedenen Wegen, die Verantwortung der Jugendlichen für die Schulgemeinschaft zu stärken. Alle in der Schulgemeinschaft begegnen einander mit Respekt, ungeachtet ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Fähigkeiten, ihres Status, ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Orientierung. Wir setzen uns innerhalb und außerhalb der Schule für die Menschenwürde ein und lösen Konflikte mit friedlichen Mitteln.  

Unser Leitbild lässt sich in die folgenden drei Kernbegriffen fassen:

Hören

Bildung im anspruchsvollen Sinne kann nur gelingen, wenn die Schülerinnen und Schüler in einem umfassenden Sinne „hören“ können, was ihnen im Unterricht vermittelt wird. Zugleich sollen sie sich an die gemeinsamen Absprachen und Regeln halten, und somit auf das pädagogische Personal der Schule „hören“. Dies kann nur in einer Atmosphäre gegenseitiger und selbstverständlicher Wertschätzung gelingen. Diese Wertschätzung muss durch die Haltung der Schulleitung wie der Lehrkräfte vorgelebt und im Schulalltag etabliert werden. 

Gleichzeitig haben Jugendliche viel zu sagen - über ihre Träume, Ängste, Ideen und ihre Sicht auf die Welt. Oft sprechen sie leise oder zwischen den Zeilen, manchmal laut und unüberhörbar. Doch immer senden sie ein wichtiges Signal: Hört uns zu. Ihre Lebenswelt ist geprägt von schnellen Veränderungen und intensiven Erfahrungen. Wenn wir ihnen wirklich begegnen wollen, müssen wir darauf hören, was sie sagen. Gerade in einer Zeit, in der "Hören" einen festen Platz in unserem Alltag hat – durch Podcasts, Sprachnachrichten oder Hörbücher –, wird uns bewusst, wie wertvoll echtes Zuhören ist. Zuhören ist in unseren Augen mehr als Aufmerksamkeit: Es ist ein Ausdruck von Respekt und Schlüssel zur vernünftigen Bildung und Vernunft als Vernehmen ist eine Form des Hörens. 

Sehen

Bildung im anspruchsvollen Sinne kann darüber hinaus nur dann gelingen, wenn Jugendliche mit ihren individuellen Begabungen gesehen und entsprechend gefördert werden. Die Fähigkeiten und Potentiale jedes einzelnen Jugendlichen zu sehen, ist angesichts sehr heterogener Lerngruppen eine besondere Herausforderung für unsere Lehrkräfte. Um dieser gerecht zu werden, unterstützen wir das gemeinsame Lernen durch weitere Lernformate, die der Vertiefung und Spezialisierung in einzelnen Fächern in kleineren Lerngruppen dienen. Wir wollen die Lernenden ermutigen und befähigen, ihr volles Potential auszuschöpfen.

Erst auf dieser Basis können wir unsere Schülerinnen und Schüler optimal darin unterstützen, die Welt kritisch und multiperspektivisch zu sehen, bestenfalls Zusammenhänge zu erkennen und auch vertieft zu verstehen. Die oft gebrauchte Wendung von der „Aufklärung“ ist eine Metapher des Sehens und das Verstehen ist ihr schulischer Ausdruck.

Lernen

Das Fundament einer leistungs- und bildungsorientierten Schule ist das Lernen. Der Unterricht an der Ernst-Reuter-Schule ist durchgängig binnendifferenziert organisiert. Es werden in vielfältiger Weise inhaltliche Zugänge, Methoden und Sozialformen angewendet, die immer wieder auch über das einzelne Fach hinausweisen. Darüber hinaus können die Schülerinnen und Schüler in Projekten praktische Erfahrungen jenseits des Fächerkanons sammeln. Gemeinsam ergeben diese Lern- und Ausprobiermöglichkeiten ein umfassendes Bildungsangebot und Raum für individuelle Entfaltung.